Die strukturelle Unterdrückung von Autonomie
Von Geburt an ist Abhängigkeit eine treue Begleitung unseres Lebens. Die Antworten auf wesentliche Fragen finden wir nicht selbst, nein, sie werden uns gegeben.
Die Eltern sind unsere ersten natürlichen Autoritäten, an denen wir uns orientieren und von denen wir lernen. Sie zeichnen unser Weltbild und prägen unser Sozialverhalten. Das, was unsere Eltern uns vorleben, ist (erst einmal) unsere Wahrheit. Im weiteren Verlauf der Kindheit nehmen Erzieher und vor allem Lehrer eine bedeutsame Rolle ein. Das ist soweit erstmal nicht kritikwürdig. Lediglich ist festzustellen, dass wir von der Geburt bis ins frühe Erwachsenenalter umgeben sind von Autoritäten, die uns durch das Leben leiten.
Die Illusion der Autonomie
In den Jahren bis zur Volljährigkeit sammeln wir viel Lebenserfahrung und werden mit der Zeit immer unabhängiger von den bekannten Autoritäten. Diese Unabhängigkeit findet jedoch nur in einem bestimmten Rahmen statt. Wir widersprechen und übernehmen Verantwortung, aber nur in diesem bestimmten Rahmen. Als Teil einer Gesellschaft wirst du von Geburt an angepasst. Du wirst von den Eltern, von Erziehern und den Lehrern so angepasst, dass du dich als eigenständige Person im Erwachsenenalter selbst unterordnest, von allein. Du übernimmst Denkmuster, Verhaltensweisen, Träume sowie Ziele einer ganzen Gesellschaft. Wie viel davon ist aber dein intrinsischer Wille? Wie viel ist von außen beeinflusst?
Die verpasste Chance
So notwendig es auch ist Orientierungsmöglichkeiten in Form von Autoritäten zu haben, ist es auch von großer Bedeutung autonom zu werden. Sicherlich behauptet jeder von sich ein autonomes Leben zu führen und völlig freie Entscheidungen zu treffen. Aber ist das wirklich so? Sind wir nicht immer auf der Suche nach externen Leitplanken, die uns aufzeigen wie wir zu denken und zu leben haben? Was sich gehört und was nicht?
Ab einem bestimmten Punkt im Leben sollte man ein Korrektiv für sich selbst sein. Die Orientierung nach außen sollte nur dazu da sein, sich und seine Meinung besser einschätzen zu können und nicht um diese Meinung auf diesem Weg erst zu finden.
In welcher Phase unseres Lebens haben wir die Chance verpasst komplette Autonomie zu erlangen? Wer, oder besser gesagt, welche Institution hat versäumt uns den Weg zur Autonomie zu zeigen oder zumindest davon in Kenntnis zu setzen, dass es überhaupt einen Weg dahin gibt?
Neue Wahl, altes Ergebnis
Dass unser Vertrauen in bestimmte Autoritäten und Institutionen nahezu unerschütterlich ist und wir uns nur trauen ausgetretene Pfade zu gehen, erkennt man deutlich in der Politik. Wir sind nicht zufrieden mit dem was die Volksvertreter machen, aber wichtig ist, dass ich keine Entscheidungen treffen muss. Die oberste Priorität ist, dass ich keine Verantwortung übernehmen muss und so im Endeffekt ja auch schuldlos bleibe, oder? So hat man mir es mein Leben lang beigebracht, andere treffen die wichtigen Entscheidungen für mich, andere leiten mich. Also wähle ich bei der anstehenden Wahl eine der großen Parteien, lehne mich danach wieder 4 Jahre zurück und lasse andere machen. Ich werde in 4 Jahren ähnlich enttäuscht sein wie heute, aber dann beginnt das Spiel, mit bekanntem Ende, ja wieder von vorn. Oder vielleicht wähle ich doch lieber eine bedeutungslose Partei, denn dann kann ich ja sagen, dass ich die unfähigen Parteien da ganz oben ja nicht gewählt habe. Die Hauptsache ist, Schuld sind immer die anderen.
Autonomie, jetzt!
In der Vergangenheit wurden viele Fehler gemacht. Natürlich nicht von dir oder mir, aber von anderen. Damit soll Schluss sein! Wir machen ab jetzt eigene Fehler und lernen aus diesen. Wir finden den Weg, der uns zur Autonomie führt.
Wir sind nicht mehr froh wenn andere Institutionen für uns entscheiden. Wir brauchen keine Person die uns sagt welche andere Person uns am besten erklärt wie wir diese und jene Situation einzuschätzen haben, wem wir trauen sollen und wem nicht, was wichtig ist und was nicht. Völlig losgelöst von den beigebrachten Grenzen im Kopf, treffen wir eigenständig Entscheidungen und respektieren Menschen die das auch tun.
Wir beenden die Abhängigkeit von bezahlten Spezialisten. Denn wir sind die Spezialisten, die echten Experten für unser eigenes Leben. So viele Autoritäten hatten ihre Zeit, ihren Einfluss auf unser Leben. Damit soll Schluss sein!
21. September 2021
Gesellschaftskritik